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22.08.2025

Elektronische Akte: BRAK kritisiert strukturelle Versäumnisse bei der Einführung

Weil die elektronische Aktenführung in der Justiz nicht wie gesetzlich vorgesehen bis zum 01.01.2026 flächendeckend umgesetzt werden kann, gibt ein aktueller Gesetzentwurf den Ländern die Möglichkeit, den Start der eAkte um ein Jahr zu verschieben. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) kritisiert strukturelle Defizite und fordert, die bundeseinheitliche Einführung der eAkte zu forcieren.

Bis zum 01.01.2026 hat die Justiz flächendeckend auf elektronische Aktenführung umzustellen. Das regelt das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz aus dem Jahr 2017. Angesichts unterschiedlicher Fortschritte in den Gerichtsbarkeiten der Länder sieht das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz das Risiko von Digitalisierungslücken auch nach dem 01.01.2026.

Um negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu vermeiden und weiterhin einen leistungsfähigen Zugang zur Justiz zu gewährleisten, sieht ein im Juli vorgelegter Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor, dass die Länder mittels einer Opt Out-Regelung den Start der eAkte auf den 01.01.2027 verschieben können.

In ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf erkennt die BRAK an, dass der Digitalisierungsstand einzelner Gerichte heterogen und nach wie vor unzureichend ist. Daher könnte die Beibehaltung der Frist zur bundeseinheitlichen Einführung der eAkte bis zum 01.01.2026 zu erheblichen Funktionsstörungen im Justizsystem führen. Vor diesem Hintergrund sieht die BRAK die vorgesehene Opt Out-Regelung als sachgerecht an, letztlich ist sie aus Sicht der BRAK jedoch eine symptomatische Reaktion auf strukturelle Versäumnisse. Dass über acht Jahre nach dem gesetzlichen Auftrag zur Einführung der elektronischen Akte keine flächendeckende Umsetzung erfolgt ist, offenbart erhebliche Defizite in der normativen Durchsetzung und wirft grundlegende Fragen hinsichtlich der erfolgten Steuerung, Priorisierung und Ressourcenausstattung der Justizverwaltung auf.

Als besonders kritisch bewertet die BRAK die Möglichkeit, bereits digital begonnenen Akten in bestimmten Fällen – etwa im Strafverfahren bei papiergebundener Übermittlung durch Ermittlungsbehörden – wieder in Papierform fortzuführen. Dies konterkariert den Anspruch an eine durchgehende digitale Prozesskette. Die BRAK mahnt zudem, dass hierdurch der entstehende Mehraufwand faktisch auf die Anwaltschaft verlagert wird, etwa im Rahmen der Akteneinsicht durch notwendiges Einscannen. Zudem wächst die Kluft zwischen den Digitalisierungsständen einzelner Gerichte weiter – während einige künftig das Online-Verfahren erproben, führen andere Gerichte noch Papierakten.

Die BRAK appelliert an die Länder, die verbleibenden Monate bis zum 01.01.2026 entschlossen zu nutzen, um bestehende Hemmnisse bei der Umsetzung der eAkte zu beseitigen, Ressourcen zu bündeln und klare Prioritäten zu setzen. Ein funktionierender Rechtsstaat darf sich aus ihrer Sicht keine weitere Verschleppung digitaler Infrastruktur leisten. Ziel muss bleiben, Medienbrüche zu vermeiden und die bundeseinheitliche elektronische Aktenführung zu forcieren – für alle Gerichte, Verfahrensordnungen und Instanzen.

Die BRAK weist außerdem darauf hin, dass dies auch für eigenständige staatliche Gerichtsbarkeiten für besondere Sachgebiete – etwa die Anwaltsgerichtsbarkeit – gelten muss. Soweit die im Referentenentwurf verankerte Opt Out-Regelung verabschiedet wird, bedarf es auch eines Gleichlaufs zwischen der Führung der elektronischen Akten bei den Anwaltsgerichten und der elektronischen Aktenführung in Strafsachen.

BRAK, Mitteilung vom 20.08.2025