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20.05.2025

Zu geringe Erwerbsminderungsrente: Rentenversicherung nicht für Fehler der Berufsgenossenschaft verantwortlich

Ein Mann erhielt jahrelang eine zu geringe Erwerbsminderungsrente – weil die Rentenversicherung einen durch eine Berufsgenossenschaft fehlerhaft berechneten Jahresarbeitsverdienst zugrunde gelegt hatte. Verantwortlich ist sie dafür nicht, entschied das Sozialgericht (SG) Hannover.

Während der Ausbildung zum Augenoptiker erlitt ein damals 23-Jähriger 1980 auf dem Arbeitsweg einen Autounfall, der zu schwersten Verletzungen und einer Amputation des linken Beins führte. Der Unfall wurde von der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt. Aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde eine Verletztenrente gezahlt, die sich am Lohn eines Lehrlings berechnete. Die beklagte Rentenversicherung zahlte ab Oktober 1992 eine dauerhafte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Höhe dieser Rente orientiert sich an dem Jahresarbeitsverdienst, der von der Berufsgenossenschaft errechnet wird.

Ende 2005 fiel der Berufsgenossenschaft auf, dass eine Anpassung des Jahresarbeitsverdienstes ab dem Ende der Lehrzeit auf Grundlage eines Gesellenlohnes hätte erfolgen müssen. Eine Neuberechnung nahm sie aber zunächst nicht vor. Dies erfolgte erst 2020. Aufgrund ihres Versäumnisses errechnete die Berufsgenossenschaft die Jahresarbeitsverdienstgrenze unter Berücksichtigung der Vier-Jahresfrist aus der Überprüfungsvorschrift des § 44 Absatz 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) rückwirkend ab dem Jahr 2001.

Auch die Rentenversicherung nahm im Jahr 2020 eine Neuberechnung vor. Die Neuberechnung erfolgte hier unter Berücksichtigung der vierjährigen Frist des § 44 Absatz 4 Satz1 SGB X aber lediglich für den Zeitraum ab dem 01.01.2016.

Dagegen klagte der Bezugsberechtigte und begehrte auch von der Rentenversicherung eine Neuberechnung ab dem 01.01.2001. Er meint, die Rentenversicherung müsse sich ein Behördenverschulden der Berufsgenossenschaft zurechnen lassen.

Das SG Hannover ist dem nicht gefolgt. Es hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Entscheidung über die Höhe des Jahresarbeitsverdienstes allein von der Berufsgenossenschaft getroffen werde. Der Rentenversicherungsträger habe diese Entscheidung über Art und Höhe der Rente aus der Unfallversicherung seiner Entscheidung – ohne die Möglichkeit eigener Überprüfung – zugrunde zu legen.

Die Rentenversicherung sei in den Verwaltungsablauf der Berufsgenossenschaft im Hinblick auf die Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes nicht einbezogen. Ihr sei kein eigenes Verschulden vorzuwerfen. Rückwirkende Leistungen seien nur für einen Zeitraum von vier Jahren zu gewähren. Das habe die Rentenversicherung vorliegend berücksichtigt und die Neuberechnung vorgenommen.

Sozialgericht Hannover, Urteil vom 19.11.2024, S 6 R 164/22, nicht rechtskräftig